Klar ist nett.
Viele von uns wollen nett und höflich sein, gemocht werden. Eine wertvolle Mission, der ich mich gerne verschreibe, geht es doch um nichts weniger, als unsere Kultur, unsere Ziviliation, unsere Würde zu schützen, zu sichern und zu retten.
Gleichzeitig wollen viele von uns klar sein. Sie wollen verstanden werden, Aussagen auf den Punkt bringen, nachvollziehbar wie konsistent handeln und glauben, so ihre Ziele zu erreichen.
Heute widme ich mich dem Zusammenhang dieser beiden Konzepte, „Klarheit“ und „Höflichkeit“. Wie gehören also klar sein, unklar sein, höflich sein und unhöflich sein zusammen? Auf den ersten Blick scheinen sie wie zwei Sorten Steine, die jeweils zwei Seiten haben und in jeder beliebigen Kombination im Garten liegen können.
Doch das stimmt nicht. Ja, sie können irgendwie zusammengewürfelt herumliegen. Doch es gibt eine Kombination, die sich zusammenfügt wie zwei zuvor auseinander gebrochene Hälften einer Kugel.
Klarheit ist höflich.
Unklarheit ist unhöflich.
Was, wenn ein Mensch einem anderen Feedback gibt, was ja an sich schon höflich, weil ein Geschenk, ist – dabei jedoch nicht ehrlich ist und den anderen entgegen besseren Wissens in zu gutes Licht stellt? Er ist unklar, aber höflich. Doch das funktioniert nicht, weil es, etwas zugespitzt, gelogen ist, um dem anderen nicht weh zu tun. Der wähnt sich in falscher Sicherheit und kann sich nicht weiterentwickeln, wie das möglich wäre.
Klarheit kann weh tun, sogar verletzen, wie ein gerissenes Glas, das platzt, wenn die Temperatur sich plötzlich verändert und ihm die Spannung zu groß wird. Dafür kann die Klarheit aber nichts, da liegt dann auf der Empfängerseite der Kommunikation etwas im Argen.
Klarheit kann, wenn sie nicht verletzen soll, niemals unhöflich sein.
Wer seine Wünsche nicht verrät, bekommt zu Weihnachten einen Jogginganzug, eine Flasche Cognac und eine Krawatte. Ich finde das sehr unhöflich. Sich dann auch noch über die unpassenden Geschenke zu grämen, noch mehr.
„Er weiß doch ganz genau, was mir gefällt, wieso schenkt er mir da so komische Sachen?“
Wie unhöflich, unklar zu sein, andere raten zu lassen, was ich mir wünschen könnte. Wie unhöflich, mich über deren unterentwickelte hellseherische Fähigkeiten zu ärgern. Wie einfach hätte ich es Ihnen machen können, klar zu sein und damit höflich.
Unseren Kindern sage ich: „Ihr dürft Euch alles wünschen, aber erwartet nicht, dass ihr alles bekommt!“ Das tun sie, sind manchmal dennoch enttäuscht – gehört wohl dazu. Aber wir sind größtmöglich klar und höflich miteinander. Ihre Wünsche sind mir manchmal etwas zu klar, aber das ist ein anderes Thema.
Klarheit ist höflich.
Unklarheit ist unhöflich.
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