Die Waffen einer Frau.
Für die einen bedeutet Digitalisierung, dass sie ihre E-Mails jetzt beidseitig ausdrucken lassen, für die anderen verändert es ihr Leben und das ihrer Familien. Wenn wir mal unser gepudertes Wohlstandsnäschen über den Tellerrand strecken und neugierig die Nüstern blähen, merken wir das – komm mit auf eine Reise, an deren Ende die Waffen einer Frau die Welt erschüttern.
Bei diesem inspirierenden Bonmot denken die meisten ja erstmal an Samson, Marc Aurel und Adolphe Messimy oder besser: an Dalila, Kleopatra und Mata Hari. Wer ein bisschen tiefer fliegen mag, denkt an Dieter und Naddel, Dieter und Verona, Dieter und Naddel, Dieter und Estefania sowie Dieter und Fatma. Oder an Boris und Barbara, Boris und die Ermakova, Boris und Sabrina, Boris und Heydi, Boris und Allesandra, Boris und Lilly sowie Boris und die Gerichtsvollzieherin.
Doch diese Waffen einer Frau meine ich nicht. Ich meine auch nicht jene, die Senta Berger, Dunja Hayali und Marion Kracht anbieten. Von denen kam nämlich, als die ersten Skizzen dieser Geschichten längst geschrieben waren, Post. Also Papierpost in den Papierpostkasten. Aufgemacht mit dem Eyecatcher „Beiliegend: Die Waffen der Frau.“ Bei der Post geht es, ganz analog, aber deswegen nicht weniger lobenswert, um Bildung. Denn in dem Umschlag befindet sich, von außen schon neugierig ertastet, ein Bleistift. Tolle Initiative der Kinderhilfsorganisation Plan International, das Ziel: Mehr Bildung für Mädchen in der Welt, um Kinderheirat vorzubeugen oder wie sie es formulieren: Kinderbraut oder Kinderärztin?
So ist diese gute Werbung für Gutes die analoge Vorstufe dessen, was ich erzählen möchte. Ob der Ansatz deswegen rückständig ist, überlege ich noch, in jedem Fall gibt es ein schönes Beispiel für den unterschiedlichen Wirkungsgrad eines analogen und eines digitalen Ansatzes.
Denn – den Zusammenhang erkläre ich gleich – die Weltbevölkerung wird drastisch schrumpfen. Zumindest behaupten das die Autoren John Ibbitson und Darrell Bricker in ihrem ganz frischen Buch „Empty Planet“. Darin gehen sie – wissenschaftlich gesehen – auf Konfrontationskurs mit den Vereinten Nationen, die ja davon ausgehen, dass die Weltbevölkerung kontinuierlich wächst und Szenarien suggerieren, dass die Erde an uns Menschen erstickt, was für uns Menschen nicht gut ausgehe.
Aber vielleicht stimmt das ja nicht – und das liegt an der *Tusch* Digitalisierung. Ganz kurz gesagt, kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Hochrechnungen der UN auf der Welt von gestern und heute basieren, jedoch fundamentale Veränderungen im Kommunikationsverhalten nicht einpreisen. Konkret geht es um die steigende Verfügbarkeit und Nutzung von Internet und Smartphones. Denn Frauen in entlegenen Weltgegenden haben mehr und mehr Zugang zu diesen Technologien.
Ibbitson und Bringer wurde das bewusst, als sie bei ihren weltweiten Recherchen in einer Schule in einem indischen Slum mit einer Gruppe junger Frauen sprachen. In deren Saris leuchtete es immer wieder matt auf – Smartphones. Frauen in einer der ärmsten Gegenden der Welt haben Smartphones, sie haben Datenpakete, sie können lesen. Mit anderen Worten: Ihnen steht alles Wissen unserer Welt zur Verfügung. Das ist neu.
Die UN-Projektion basiert auf den drei Faktoren Geburtenrate, Migration und Sterblichkeit. Mit mehr Wissen durch mehr Smartphones in urbanisierteren Gegenden sinkt jedoch die Geburtenrate. Das liegt auch daran, dass diese Frauen womöglich Besseres zu tun haben, als etwas mit ihrem Partner zu tun zu haben, vor allem aber daran, dass diese Frauen nun wissen, wann es sicherer ist, mit dem Smartphone als mit dem Partner zu spielen. Dies führt dazu, dass – so die korrigierte Prognose aus „Empty Planet“ – die Weltbevölkerung in 30 Jahren zu schrumpfen beginnt. Zunehmend und unumkehrbar.
Da haben Entwicklungshelfer jahrzehntelang fleißig gearbeitet, verschicken ehrenwerte Organisationen Bleistifte in die erste Welt – und dann schwappt so eine Smartphone-Welle in die ärmeren Ecken der Welt und verändert alles.
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